Die Sage von Elisabeth von Leuchtenberg
Elisabeth von Leuchtenberg wohnte viele Jahre auf der Harburg. Sie war die Tochter des Landgrafen von Leuchtenberg und mit Graf Wolfgang von Oettingen verheiratet. 1560 starb sie. Ihr Graddenkmal steht unter der Orgelempore in der Schloßkirche. In der Sage ist sie heute noch im Volke lebendig:
Elisabeth von Leuchtenberg machte eines Tages einen Spaziergang in die Karab. Dabei verirrte sie sich. Der Abend kam und noch immer hatte sie den richtigen Weg nicht gefunden. In ihrer Verzweiflung machte sie ein Gelübde: Sie wollte demjenigen die Karab schenken, der sie aus diesem uneimlichen Wald herausführen würde. Da hörte sie die Abendglocken von Harburg, Donauwörth und Mertingen läuten. Sie ging dem Klange nach und war gerettet. Elisabeth löste ihr Versprechen ein: Einen Teil der Karab schenkte sie Harburg, den anderen Donauwörth und den dritten Mertingen.
Im Volksmund heißt Elisabeth von Leuchtenberg „das Karafreile“.
Quelle: Harburg - Ein Heimatbuch
Der Teufel im Glas
Zu Anfang des 13. Jahrhunderts lebte im Kloster Kaisheim ein Bruder, der ein sehr heiliges Leben führte. Er hatte sich verpflichtet, nie mehr die Schwelle des Klosters zu überschreiten.
Zur selben Zeit trug sich zu, dass die Tochter des Herzogs von Kärnten vom Teufel besessen war. Die Mönche des Klosters Stams im Oberinntal in Tirol gaben sich alle Mühe, den Satan auszutreiben, aber umsonst. Der Teufel rief ihnen zu: „Kein Mensch bringt mich heraus, außer der Bruder von Kaisheim!“ Das war derselbe, der gelobt hatte, nie mehr in seinem Leben das Kloster zu verlassen. Der böse Geist wusste von dem Gelübde und wollte dem Mönch eine Falle stellen. Er hoffte, dass der fromme Mann seinem Abt den Gehorsam verweigern würde, wenn ihn dieser zur Teufelsbeschwörung nach Stams schicken wollte.
Der Herzog von Kärnten ließ wirklich den Abt von Kaisheim bitten, ihm den Mönch zu senden. Der Abt rief den Bruder zu sich und trug ihm die Angelegenheit vor. Der Mönch erzählte von seinem Gelübde. Das wollte er nicht brechen, aber auch dem Abt nicht den Gehorsam verweigern.
Der Abt fand einen Ausweg. Er entband den Bruder von seinem Gelöbnis und ermahnte ihn zum Gehorsam. Der Mönch entschied sich für den Gehorsam.
Mit dem Segen des Abtes zog er nach Stams. Der Teufel schrie vor Wut, als er den Mönch sah und machte ihm schwere Vorwürfe. Aber alles half nichts. Er musste die Tochter des Herzogs verlassen. Der fromme Bruder bannte ihn in eine eiserne Büchse, die er gut verschlossen nach Kaisheim brachte. Hier stellte er sie in ein Glas und hängte es unter dem Kirchengewölbe auf.
So wurde der Teufel durch das Anhören des Lobes Gottes täglich gequält. Er war über seine Gefangenschaft so erbost, dass er jede Gelegenheit benützte, die betenden Mönche zu necken und zu ärgern.
Einst waren 50 Mönche im Chor und sollten den fünften Psalmton singen; aber sie konnten nicht, weil der Teufel sie den Ton nicht treffen ließ. Schließlich fing der Satan voller Schadenfreude selber in diesem Ton zu singen an: „Sitzen da fünfzig Mönche im Chore und können den fünften Ton nicht finden.“
Um 1543 schlug der Blitz in den Kirchturm und zerstörte ihn. Das Glas unter dem Gewölbe zersprang, und der Teufel entwich aus seiner über zweihundertjährigen Gefangenschaft.
Der Volksmund erzählt, dass der Teufel nach seiner Befreiung nach Harburg eilte. Er soll sich am Hang des Schloßberges niedergelassen und diesem Stadtteil den Namen die „Höll“ eingebracht haben.
Quelle: Harburg - Ein Heimatbuch
Die Sage vom Hüllenloch
Wo die Wörnitz bei Harburg durch die Juraberge bricht, ist in der östlichen Steilwand, auf der das Fischholz steht, eine Felsenhöhle eingerissen, das Hüllenloch geheißen.
In dieses Felsenloch flüchtete einstmals ein Schäfer mit seiner Herde, als Kriegsgeschrei das Land durchscholl und als die Schnapphähne auf der Bergheide nicht lange nach Mein und Dein zu fragen pflegten. Nun ist ein harter Stein ein mageres Feld für Graswuchs und für Weidegang. Und wenn der Schäfer auch so manchen Zwerchsack Futter bei Nacht und Nebel von den Wörnitzwiesen zu seiner Herde in den Felsenstall hineinschleppte: die Tiere fielen immer mehr vom Fleisch. Und ihre Wolle hätte der Scherer auch nicht loben können.
Da sprach der Schäfer zu sich selbst: „Käm einer jetzt mit wohlbespickter Katze, nähm mir die Herde ab unbesehen, so wie der Teufel auch die Landsknecht`nimmt und böt`er mir einen Preis, dass auch in meinen Sack ein tüchtiger Batzen fiel: ich schlüg`s ihm zu! Dass drinnen in der Stadt mein Schafherr den Handel nicht grad auf Heller und Pfennig nachrechnen könnte: das brächte ich schon zuwege!“
Der Schäfer hatte noch nicht bis zum letzten überschlagen, wie er bei einem Handel am besten sein Schäfchen ins Trockene bringen könnte: da stand vor ihm ein Mann! Von seinem spitzen Jägerhut stach eine Gockelfeder in die Luft. Auch ging sein Zungenwerk gerade wie geschmiert. Einen solchen glatten Viehhandel hatte der Schäfer seiner Lebtag noch nicht gehabt. Was er verlangte auf den ersten Hieb, das sagte im der Käufer zu.
Alsbald tat der Fremde einen schrillen Pfiff. Im Nu keuchte in schwarzes Roß zum Felsenloch herein. Das trug eine Kiste Gold so schwer, so dass die Last das Pferd schier gar zu boden drückte. Der Schäfer spannte seine Arme aus, als wollte er damit die ganze Welt umfangen, und lupfte die Goldkiste auf den Höhlenboden. Der Fremde schwang sich auf das ledige Pferd und ritt nun los. Die ganze Herde folgte ihm, nicht anders, als ob das schwarze Pferd von jeher Leithammel in der Herde gewesen wäre. Aber auch die Goldkiste kriegte Füße und wollte zum Felsenloch hinausrutschen.
„Ist`s so gemeint?“ rief da der Schäfer. Hurtig plumpste er auf die Goldkiste, kettete auch gleich seinen großen Zottelhund daran, so dass der Schatz ihm wohl verbleiben musste.
Heut` noch und für alle Zeiten sitzt der Schäfer gebannt auf der Goldkiste im Hüllenloch mit seinem Hund daneben. Denn er war ein ungetreuer Knecht und keiner von jenen Hirten, die ihr Leben lassen für ihre Herde.
(aus Harburger Hefte 2)